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Die verschwundene Brille

Ich hat­te die Bril­le auf dem Kopf gehabt, aber nicht vor den Augen, sie war über der Stirn gewe­sen, die Bril­le mit dem blau­en Punkt, die plötz­lich ver­schwun­den war, sie muß­te mir vom Kopf gefal­len sein, nur wann und wo?
Viel­leicht hat­te ich sie auch unbe­wußt abge­nom­men und irgend­wo lie­gen las­sen, in einem Büro, im Ser­ver­raum oder ganz wo anders.
Ich rekon­stru­ier­te, was ich den Tag bis­her getan hat­te, such­te die Büros noch ein­mal auf, in denen ich die Bril­le hät­te lie­gen las­sen kön­nen, ich schritt über den Hof bis zur Rau­cher­insel und such­te den Boden ab, ja ich ging sogar noch ein­mal bis zum Späti in der Oben­traut, wo ich mir vor kur­zem einen Kaf­fee, ein But­ter­crois­sant und einen Kus­kus geholt hat­te. Die Bril­le war nicht zu finden.
Wie­der am Arbeits­platz am Schreib­tisch woll­te ich schon eine Rund­mail an die Kol­le­gen schrei­ben, ob jemand mei­ne Bril­le gefun­den hät­te, und über­leg­te, wie ich ohne Bril­le denn eine E‑Mail schrei­ben könn­te, da spür­te ich etwas har­tes, etwas, das zwi­schen mei­nen Schul­ter­blät­tern drück­te, wenn ich mich in den Büro­stuhl lehnte.
Ich kam mir vor wie die Groß­mutter aus einem Gedicht von S. Mar­schak, die mehr als zwei Wochen lang ihren Pudel suchte.

Aus S. Mar­schak, Gedich­te für Kin­der, Ver­lag Pro­gress Mos­kau, 1968

Die Bril­le war in der Kapu­ze mei­nes Pul­lis. Ich muß­te sie bei irgend­ei­ner Bewe­gung nach hin­ten über den Kopf abge­streift haben.

Tags: Brille, Pudel, Arbeit, Arbeitskollegen

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