Uniadmin
Skip to content

Die Geschichte einer falschen Hausnummer

Es dürfte 2010 gewesen sein, als eine E-Mail vom Geschäftsführer in meinem E-Mail-Postfach landete:

Bitte schnellstmöglich im Wikipedia-Artikel über unsere Hochschule die Anschrift korrigieren! Die Hausnummer ist falsch. Statt 8 muss dort 10 stehen.

Und so kam es dazu:
Der Chef saß an seinem PC, las den Wikipedia-Artikel und entdeckte die falsche Hausnummer. Sogleich öffnete er sein E-Mail-Programm, um eine Mail zu verfassen, und, nachdem er kurz überlegt hatte, daß Wikipedia eine Webseite ist, Webseiten irgendwie Internet sind und Internet der IT-Administrator macht, entschied er sich, mich als Empfänger einzusetzen. Er tippte den Text ein und drückte den Sendeknopf.
Seine Mail ging über einen Mailserver ins Internet, Router und Switche arbeiteten, bis die Mail in Frankfurt beim DE-CIX landete. Von dort wurde eine Kopie über Satelliten in die USA für die NSA verschickt, dann ging die Mail von Frankfurt zurück nach Berlin auf den Mailserver der Hochschule, von dem aus sie sich mit einem Pling, gerade mal drei Räume vom Büro des Chefs entfernt, in meinem Posteingang bemerkbar machte.

Dem Chef war sicher nicht bewußt, was er mit seiner Mail ausgelöst hatte, und wer meint, da hätte der Chef auch die paar Meter zu mir ins Büro laufen und das persönlich sagen können, hat natürlich recht. Viel einfacher wäre es jedoch gewesen, beim Wikipedia-Artikel auf Bearbeiten zu gehen, den Cursor auf die 8 zu positionieren, einmal Entf und 1 und 0 zu tippen und zu speichern. Stattdessen hatte der Chef eine Mail mit rund 150 Zeichen verfaßt.

Als IT-Administrator sah ich mich nun auch nicht dafür zuständig, den Wikipedia-Artikel der Hochschule zu bearbeiten oder zu korrigieren, also leitete ich die Mail an die Marketing-Abteilung weiter. Was dann geschah: Mailserver, Router und Switche rackerten, eine Kopie der Mail ging in die USA, und bei einem Mitarbeiter in der Marketing-Abteilung, drei Türen weiter, machte die Mail im Posteingang Pling.
Der Mitarbeiter öffnete die Mail, las sie, ging auf den Wikipedia-Artikel, klickte Bearbeiten, positionierte den Cursor auf die 8, drückte Entf und 1 und 0 und speicherte.

Der Chef hatte mit seiner Mail also drei Leute (mich, den Mitarbeiter der Marketing-Abteilung und jemanden bei der NSA, der die Mails prüfen mußte) beschäftigt und dazu noch Router, Switche, Server und Satelliten.

Das ist aber immer noch nicht alles.
Mit seiner Mail hat der Chef auch noch für diesen Blog-Eintrag gesorgt. Wegen des Chefs habe ich diesen Beitrag geschrieben, Router und Switche mußten arbeiten, der Artikel ging zum DE-CIX und als Kopie zur NSA, ein Server speichert ihn nun und hält ihn für die Leser bereit, Google indiziert den Artikel, Archive.org archiviert ihn, und du hast ihn jetzt gelesen.

Tags: Universität, Admin, Wikipedia, Hochschule, Arbeit, Chef

    Schreib einen Kommentar