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So schön kann Gendersprache sein

Hey Siri! Erzähl einen Fritzchenwitz!

Lehrer In: "Warum ist der Eisbär weiß?"
Fritzchen: "Wäre er rot, wäre er ja ein Himbär."

So schön erzählt Siri auf dem iPhone einen Fritzchenwitz, der in "geschlechterungerechter" Sprache, also "normaler" Sprache, so nur schwer zu erzählen wäre. Auf dem Bildschirm des iPhones wird das gesprochene Wort noch schriftlich gezeigt, nämlich: "Lehrer:in: ..." mit dem Doppelpunkt, der elegant die Pause zwischen Lehrer und In markiert.

Doch was bedeutet das? Was sagt uns Siri damit?

Schauen wir zunächst, wie der Witz aussieht, wenn wir den Doppelpunkt und das In weglassen:

Lehrer: "Warum ist der Eisbär weiß?" ...

Dem Wort Lehrer müßte eigentlich ein bestimmter oder unbestimmter Artikel vorangestellt sein. Da der jedoch fehlt, ist er vom Zuhörer zu ergänzen. Grammatisch kommen nur der, die oder ein in Frage.

Verwenden wir die, erhalten wir:

Die Lehrer: "Warum ist der Eisbär weiß?" ...

Es entsteht das Bild einer Gruppe von Lehrern, die vielleicht auf dem Schulhof steht, die Blicke auf Fritzchen richtet und im Chor spricht: "Warum ist der Eisbär weiß?"
"Die Lehrer: ..." könnte aber auch die Lehrer an sich meinen, also Menschen, die von Beruf Lehrer sind, die, wann immer sie Fritzchen begegnen, fragen, warum der Eisbär weiß sei.

Beides ist unsinnig, weshalb der Zuhörer den Artikel die verwerfen und sich für einen der verbliebenen entscheiden wird, nämlich der oder ein.

Nehmen wir ein als Artikel, erhalten wir

Ein Lehrer: "Warum ist der Eisbär weiß?" ...

und denken an irgendeinen Lehrer, es ist kein bestimmter Lehrer, vielleicht sieht der Zuhörer gedanklich ein paar Lehrer auf dem Schulhof umherlaufen, zwischendrin ist Fritzchen, und einer der Lehrer fragt plötzlich: "Warum ist der Eisbär weiß?"

Das macht auch keinen Sinn, weshalb nur bleibt:

Der Lehrer: "Warum ist der Eisbär weiß?" ...

Das gibt ein schlüssiges Bild, nämlich das eines männlichen Lehrers, der in einer Unterrichtsstunde fragt, warum der Eisbär weiß sei.

Kommen wir nun auf die von Siri erzählte Version des Witzes in geschlechtergerechter Sprache zurück:

Lehrer:in: "Warum ist der Eisbär weiß?" ...

Auch hier müßte Lehrer:in ein Artikel vorangestellt sein. Der oder die kommen jedoch nicht in Frage, weil es bei die "Die Lehrer:innen" heißen müßte und "Der Lehrer:in" grammatischer Unsinn ist. Es wäre noch denkbar, das als Artikel einzusetzen, wird aber sicher als abwertend empfunden und daher verworfen.
Somit verbleibt noch der unbestimmte Artikel ein, der jedoch nur in seiner geschlechtergerechten Form, nämlich ein:e paßt:

Ein:e Lehrer:in: "Warum ist der Eisbär weiß?"

Welches Bild entsteht nun?

Der unerfahrene Zuhörer könnte zunächst versuchen, den geschlechtergerecht formulierten Satz in "geschlechterungerechte" Sprache auszumultiplizieren:

Ein Lehrer oder eine Lehrerin: "Warum ist der Eisbär weiß?"

Hier entsteht wieder das Bild von ein paar Lehrern, die auf dem Schulhof umherlaufen, und eine Lehrerin oder ein Lehrer aus dieser Gruppe fragt plötzlich, warum der Eisbär weiß sei. Diese Szene macht wieder wenig Sinn. Der Zuhörer hat aber keine weiteren Artikel, die er durchspielen könnte, um das Bild zu präzisieren, also ergänzt er die Szene selbst gedanklich um einen Ort:

Ein Lehrer oder eine Lehrerin in der Unterrichtsstunde: "Warum ist der Eisbär weiß?" ...

Das ist aber immer noch nicht richtig, denn "Lehrer:in" meint nicht nur einen Lehrer oder eine Lehrerin, sondern einen Lehrer beliebigen Geschlechts, also neben einem männlichen oder weiblichen Lehrer auch einen non-binären oder einen transgender Lehrer oder einen noch ganz anderen.
Es wäre unmöglich, diese Vielfalt an Geschlechtern in "normaler" Sprache durch Aufzählung abzubilden. Der Satz würde sehr lang und müßte regelmäßig um neu entdeckte Geschlechtsvarianten erweitert werden.

Wollte man Siris Satz halbwegs in "genderungerechter" Sprache ausdrücken, müßte er vielleicht so formuliert werden:

Ein Lehrer beliebigen Geschlechts im Unterricht: Warum ist der Eisbär weiß?

Doch das will Siri mit "Lehrer:in" eigentlich auch nicht sagen. "Lehrer:in" soll das Geschlecht in den Hintergrund rücken, es soll nicht hervorgehoben werden, wie es ohne Doppelpunkt und In geschieht, wo es heißt der Lehrer und auch die Lehrerin.
Da wir aber sagen "Lehrer beliebigen Geschlechts" beschäftigen wir uns bereits mit dem Geschlecht. In "normaler" Sprache bleibt nur die Möglichkeit, ausdrücklich zu betonen, daß das Geschlecht keine Rolle spielt:

Ein Lehrer beliebigen Geschlechts, wobei wichtig ist, daß das Geschlecht des Lehrers überhaupt keine Rolle spielt, wir beschäftigen uns nicht im Geringsten mit seinem Geschlecht, sondern nur damit, was er im Unterricht fragt, nämlich: "Warum ist der Eisbär weiß?"
Fritzchen: "Wäre er rot, wäre er ja ein Himbär."

Hier sehen wir klar die Nachteile der "geschlechterungerechten" Sprache. Die Sätze werden lang und kompliziert. Es muß betont werden, daß das Geschlecht keine Rolle spielt, womit indirekt eben doch über das Geschlecht gesprochen wird.

Wie schön und elegant ist dagegen doch Siris "Lehrer:in"? Da wird ein langer Satz mit einem Wort gesagt.

Der gebildete Zuhörer weiß bei "Lehrer:in" sofort, daß er sich eine Lehrkraft, ein Neutrum, ein Ding, eine lehrende Person vorstellen muß, irgendein Etwas, das fragt: "Warum ist der Eisbär weiß?"


PS: Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, nichts mehr übers Gendern zu schreiben, aber heute kam eine Petition in meine Timeline, bei der man sich mit seiner Unterschrift gegen ein Genderverbot ausprechen kann. Daher wollte ich mit diesem kleinen Text (den ich fast schon gelöscht hätte) noch einmal die Schönheit des Genderns darstellen, um potentiellen Unterzeichnern eine Entscheidungshilfe an die Seite zu stellen.

Tags: Gendern, Lehrer, Witze, Fritzchenwitz, Vielfalt, Diktatur

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