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Die Wasseruhr

Es war ein­mal bei einem Knei­pen­be­such: ich stand in einem weiß geka­chel­ten Raum vor einem Piß­be­cken und tat etwas Belang­lo­ses, näm­lich das, was man tut, wenn man vor einem Piß­be­cken steht. Über dem Becken bemerk­te ich eine Was­ser­uhr, und als woll­te sie die Belang­lo­sig­keit der Situa­ti­on unter­strei­chen, stand ihr Zähl­werk bei 0815.
Ich spül­te und dach­te, der nächs­te wird einer 0816 gegen­über­ste­hen. Ach was, dach­te ich und spül­te noch ein­mal. Soll er eine 0817 haben. Bit­te­schön! Oder wenn ich schon dabei bin, machen wir es doch rund: 0818, 0819, 0820. Drei Liter fri­sches Trink­was­ser für eine glat­te Zahl fortgespült.
Mit mehr Zeit hät­te ich frei­lich eine 0888 zurecht­spü­len kön­nen oder gar eine 8888, vor­bei an ande­ren Schnaps­zah­len, ange­fan­gen bei 1111 über 3333 und der gran­dio­sen 5555. Wer weiß, wie lan­ge der vor mir gespült hat­te, um die 0815 hin­zu­be­kom­men. Viel­leicht war er selbst bei 0815 und dach­te: Was für eine belang­lo­se Zah? Soll der nach mir auch solch eine belang­lo­se Zahl kriegen.
Als ich am Wasch­be­cken stand und in den Spie­gel sah, frag­te ich mich, wie­viel dus­se­li­ges Zeug man inner­halb einer Minu­te den­ken kann und wie vie­le noch dus­se­li­ge­re Hand­lun­gen dar­an geknüpft wer­den kön­nen. Ich hat­te aus Jux meh­re­re Liter Was­ser ver­spült, für die glat­te Zahl 0820.
Ich ging noch ein­mal zurück und spül­te ein ganz klein wenig. Der Zäh­ler stand nun bei 0820 und ein halb. Die Null war zur Hälf­te raus, die Eins lug­te schon her­ein. Nun sah es nicht mehr so geküns­telt aus. Es wirk­te, als hät­te ich ganz nor­mal gespült, ohne etwas Dus­se­li­ges dabei zu denken.

Tags: Pißbecken, Sinn des Lebens, Wasseruhr, Verschwendung

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